Nomen est omen: Angela Thierry wurde für viele Menschen zum Engel. Angela Anna Maria Helene Johanna Franziska Baronin Thierry, geb. Freiin von Eichhoff, am 17. Jänner 1938 in Brünn geboren, war die Tochter von Hans Freiherr von Eichhoff und Helene geb. Ottahal. Sie hatte zwei ältere Schwestern. Einen traumatischen Einschnitt in ihre Biographie bedeutete die Flucht im November 1945. Über Rokytnice u Přerova (Roketnitz, Tschechien) und Prerau (Přerov. Mähren) erreichte die Familie Wien, wo sie bei einer Wahltante Aufnahme fand. Das Schloss Náměšť na Hané der Familie Ottahal - zuvor im Besitz der Grafen Harrach und Kinsky - wurde 1945 enteignet. Wegen seiner Barock- und Rokoko-Möbel und wertvollen Gemälde wurde es zum Museum. Das väterliche Anwesen Schloss Rokytnice u Přerova dient heute 300 alten und behinderten Menschen als Wohnsitz.
Während Angela und Monika Eichhoff mit ihrer Mutter bei einer Wahltante unterkamen, lebte ihr Vater mit der Ältesten, Eva, die das Gymnasium besuchte, bei einer anderen Tante. Hans Eichhoff machte Karriere vom Vertreter und Büroangestellten zum Direktor einer großen schwedischen Firma. Für die jüngste Schwester, Angela, wurde Goldegg im Pongau (Salzburg) zur zweiten Heimat. Sie verlebte dort bei einer Cousine ihres Vaters, Gräfin Galen, im "Berghof" zwei Jahre unbeschwerter Kindheit. Das unerfreuliche Intermezzo im Internat der Dominikanerinnen in Wien-Hietzing hatte zumindest ein Gutes. Eine Klosterfrau motivierte die Mutter, Angela wegen ihrer Lernerfolge statt in die Hauptschule in das Gymnasium (1948 – 1956) zu geben. Ihre Matura-Arbeit wurde als Muster einer gelungenen Arbeit an den Stadtschulrat geschickt. Der Vater war nicht bereit, ihr Studium zu finanzieren, sodass sie als Werkstudentin eine Halbtagsstelle am Institut für Geoelektrik und Lichtschutz annahm. Dem Studienabbruch folgte ein Stipendium für ein Semester nach Spanien.
1965 heirateten Angela Eichhoff und János Thierry (1934 - 2007), der Sohn eines ungarischen Diplomaten. Sie bekamen drei Söhne. Trotz des Familienlebens konnte Angela Thierry auf einen spannenden beruflichen Werdegang zurückblicken.
Nachdem sie am „Instituto de Cultura Hispanica“ Spanisch gelernt hatte, bewarb sie sich um eine Stelle im Außenamt. Man bot ihr den Posten einer Sekretärin an der österreichischen Botschaft in México City an, den sie drei Jahre lang (von 1959 bis 1962) ausübte. In dieser Zeit entwickelte sie ihre lebenslange Liebe zu Lateinamerika. Nach einem weiteren Jahr im Außenamt begann sie eine Ausbildung zur Journalistin bei der Illustrierten „Stern“. 1965 wurde sie Pressereferentin der „Aktion Leben“, später freie Mitarbeiterin bei Zeitungen wie „Furche“, „Frauenblatt“, „Samstag" oder „Kirche in Wien“. Nach der Geburt ihres dritten Kindes 1973 arbeitete Angela Thierry sechs Jahre lang bei der UNIDO, später bei der Erste Bank.
Nach dem Jahr 1992, in dem beide Eltern starben, suchte sie nach einer ehrenamtlichen sozialen Tätigkeit. Schon 1956 hatte sie im Lager Traiskirchen ungarische Flüchtlinge betreut (und sich dabei eine langwierige TBC-Erkrankung zugezogen). Sie schloss sich dem Engagement ihres Ehemannes beim Souveränen Malteser Ritterorden an und begann ihre Tätigkeit beim Malteser-Betreuungsdienst, den sie schließlich über 20 Jahre lang leitete. Angela Thierry war Ehren- und Devotions-Großkreuz-Dame des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens, Trägerin des Goldenen Ehrenzeichens der Republik Österreich und der Elisabethmedaille der Caritas.
In ihren Memoiren, die sie 2021 bis 2023 verfasste, schrieb sie: "Meinen katholischen Glauben habe ich nicht verloren, er hält mich aufrecht und stärkt mich, besonders dann, wenn sich ein Familienmitglied oder Freund auf die Reise in die Ewigkeit begibt und ich traurig zurück bleibe." Nun bleiben viele traurig zurück, die sie als "Engel" gekannt und geschätzt haben.
Helga Maria Wolf