Als Journalist hat sich Michael Kress vor allem als Gewerkschafter einen Namen gemacht. Er kandidierte erfolgreich mit einer eigenen Liste und versorgte viele Kollegen, die bei Medien oft nur freie Mitarbeiter waren, mit Journalistenausweisen. Der "Michl" galt als Vereinsmeier im positiven Sinne. Das mit dem Vereinsleben verbundene Organisieren und der direkte Umgang mit anderen Menschen waren seine große Leidenschaft. So war er Gründungsmitglied des Wiener Kiwanis-Clubs, so werkte er bis zuletzt als Organisationsreferent beim Wiener Akademikerbund und sorgte stets dafür, dass die geistigen Getränke nie ausgingen. Da er sie meist selber ausschenkte, war er bekannt und beliebt. Erst im Vorjahr war Kress zum Vorsitzenden der Niederösterreich-Sektion der GPA-nahen Organisation "Solidarität mit Lateinamerika" gewählt worden. Sie finanziert und betreut seit ihrer Gründung durch den früh verstorbenen GPA-Zentralsekretär Hans Klingler Entwicklungshilfeprojekte, vor allen in vielen Ländern Lateinamerikas, vornehmlich in Mittelamerika. Michl Kress war es nicht mehr gegönnt, konkrete Projekte umzusetzen. Schlussendlich versuchte er sich noch beim Wiener Seniorenbund sporadisch als Tennisspieler. Nicht sporadisch, sondern mit großer Regelmäßigkeit bereicherte Kress das Wiener Heurigenleben. Er liebte lebensfroh nicht nur die Menschen, sondern auch den Wein, vor allem den Veltliner. Es gibt in Wien wohl kaum einen Heurigen, wo man Kress nicht gekannt hätte. Er war, wie Qualtinger den Herrn Karl sagen lässt "Eine Persönlichkeit beim Heurigen“. Selten, dass der Wirt oder eine Kellnerin ihn nicht mit "Servus Michl" begrüßten. Er war eben immer ein liebenswürdiger, oft umtriebiger Zeitgenosse, dessen Freundschaft alle schätzten. Außerdem war „der Kress“ immer für einen neuen Witz gut. Seit Jahrzehnten sammelte er Witze in einem eigenen Heft und plante, sie einmal als Buch herauszugeben.
Im Spätsommer des Vorjahres wurden bei Michael Kress Anzeichen eines Krebses festgestellt. Nach einem mehrwöchigen Spitalsaufenthalt kam es zu einem Organversagen, die den "Michl" schließlich Wochen später so schnell und unerwartet aus dem Leben rissen. Wir werden ihn vermissen.
Charles Bohatsch
Foto: kathbild/Franz Josef Rupprecht