Sander: Theologie kann Demokratien im Rechtsruck zur Seite stehen
Graz, 21.3.2025 (KAP) In der aktuellen Phase des gesellschaftlichen Rechtsrucks und einer zunehmenden Infragestellung der Demokratie kann Theologie einen wichtigen Dienst leisten, um "Demokratiefähigkeit" zu bewahren. Das hat der Salzburger Theologe Prof. Hans-Joachim Sander beim ersten "Dies academicus" der Katholisch-Thelogischen Fakultät der Uni Graz am Mittwoch betont. Sander war Festredner der als Studientag angelegten Veranstaltung unter dem Generalthema "Demokratiefähig? Theologie angesichts des Rechtsrucks in Österreich". Demokratien würden derzeit vielerorts unter Druck stehen und seien "Demütigungen durch den Rechtspopulismus" ausgesetzt, der seine Legitimation u.a. daraus zu ziehen versuche, dass er Gott auf seiner Seite wähne. Dies müsse die Theologie als Götzen benennen und kritisieren.
Der Rechtspopulismus greife derzeit nicht nur nach seinen Feinden aus und versuche sie zu demütigen - er attackiere auf diese Weise auch Demokratien, führte Sander weiter aus. Diese seien den Angriffen nicht zuletzt deswegen so hilflos ausgesetzt, weil Demokratie eine Herrschaftsform sei, der es durch ihre Bindung an die Menschenrechte verboten sei, selber ihre Feinde zu demütigen. Täte sie dies, würde sie ihren Kern verraten. Ähnlich könne die Theologie auch herausarbeiten, dass der biblische Gott seine Feinde gerade nicht demütige, sondern sich auf die Seite der Gedemütigten stellt und diese bestärkt. Insofern sei "Gott ein Demokrat", so Sander.
Das kritische Potenzial der Theologie richte sich im gesellschaftlichen Rechtsruck aber auch gegen die eigenen Religionsgemeinschaften, falls diese der Versuchung erlägen, in der Phase ihres Abstiegs "mit den Wölfen zu heulen" und sich auf die Seite des Rechtspopulismus zu schlagen: "Eine Religionsgemeinschaft, die mit dem Rechtsruck heute heult und dafür ihren Gott hergibt, der verfault dieser Gott unter ihrer Hand zu einem Götzen". Eine solche, nach außen wie nach innen kritische "demokratiefähige Theologie" sei heute dringend geboten, so Sander.
Im Anschluss an den Vortrag von Sander wurden die Thesen des Theologen im Rahmen einer Podiumsdiskussion erörtert. An dem Podiumsgespräch unter Leitung von Till Schönwälder (Die Furche) nahmen teil: die Grazer Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik, die Generalsekretärin der Katholischen Aktion Steiermark, Anna Hollwöger, und der Theologe, Journalist und Verbandsmitglied Henning Klingen.
Quelle: Kathpress