Medienexperte: Printmedien haben weiterhin Zukunft
Wien, 6.3.2025: Printmedien verlieren zwar in einer Langzeitbetrachtung an Auflage und Reichweite, sie werden aber in der österreichischen Medienlandschaft auf absehbare Zeit weiterhin ein wichtiger Faktor bleiben: Zu diesem Befund kam der Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), Gerald Grünberger, bei einer Veranstaltung des Katholischen Publizistenverbands am Aschermittwoch in Wien. Thema des Abends mit dem Medienexperten waren auch die medienpolitischen Vorhaben der neuen Bundesregierung. Diese beurteilte Grünberger überwiegend positiv, wobei einiges jedoch "noch ziemlich allgemein" gehalten sei und einer tiefergehenden Beschäftigung bedürfe.
Österreich zeichne nach wie vor aus, dass es im Blick auf die Cross-Media-Reichweite von 60,5 Prozent der heimischen Zeitungen und Magazinen weltweit unter den Top 5 liege und eine sehr hohe Anzahl an Abonnenten habe. Dennoch sei die Lage nicht rosig, so Grünberger, der auf einen Rückgang bei der Auflage um 34 Prozent und bei der Reichweite um 18,6 Prozent innerhalb von zehn Jahren - von 2013 bis 2023 - verwies. Der Anteil der Digital-Abos würde zwar kontinuierlich wachsen, könne jedoch den Rückgang noch nicht ausgleichen. Potenzial für Online-Abos ortete Grünberger vor allem in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen.
Erschwerend komme hinzu, dass sich die Werbung immer mehr auf ausländische Online-Plattformen verlagere. "Google und Co hatten 2023 erstmals mehr Werbeeinnahmen (2,066 Mrd. Euro ) als alle anderen Medien (Print, TV, Radio, Online etc.) in Österreich zusammen (ca. 1,9 Mrd. Euro). Und die Schere geht weiter auf", so Grünberger, der mit einer anderen Kennzahl aufwartete: Google allein konnte zuletzt im Jahr rund 246 Mrd. Euro an Werbeeinnahmen lukrieren, alle Zeitungen weltweit kämen demgegenüber lediglich auf 30,6 Mrd. Euro.
"Dennoch wird es weiterhin Printmedien geben", zeigte sich Grünberger überzeugt. Mit Blick auf die nächsten Jahre ist, sofern keine Gegenmaßnahmen erfolgen, ein weiterer Konsolidierungsprozess nicht ausgeschlossen, der die Medienvielfalt in Österreich bedroht. Nicht zuletzt aufgrund der hohen Kosten für die Zustellung von Printmedien seien Hybrid-Modelle (Print und Digital), wie schon von der "New York Times" praktiziert, eine neue Angebotsform.
Medienpolitischer Reformwille
Grundsätzlich positiv bewertete Grünberger die medienpolitischen Absichten der neuen Dreierkoalition. Besonders wichtig sei das grundsätzliche Bekenntnis zum Qualitätsjournalismus und zu seiner Förderung durch staatliche Mittel. Aber auch die Absicht, die analogen Vertriebswege - Stichwort: Zeitungszustellung - zu fördern und die Digitaltransformationsförderung beizubehalten, sei für Printmedien wichtig und hilfreich. Positiv beurteilte der VÖZ-Geschäftsführer auch die medienpolitischen Maßnahmen, um das Verhältnis zwischen dem ORF und den privaten Medien besser auszutarieren. So sehe das Regierungsprogramm etwa vor, dass die "Zeitungsähnlichkeit" der "Blauen Seite" des ORF zu reduzieren sei. Insgesamt zeige das Regierungsprogramm einen großen Reformwillen.
Eine wirkliche Herausforderung für alle Medien, ob öffentlich-rechtlich oder privat, sei der wachsende Vertrauensverlust bzw. die "Nachrichtenverweigerung". Inzwischen könne man 14,2 Prozent der Bevölkerung dieser Gruppe Nachrichtenverweigerer zurechnen. Nachsatz Grünberger: "Mit allen daraus resultierenden Konsequenzen für die Demokratie."
Quelle: Kathpress